Naturfotograf Christian Würzbach

– der mit dem Herzen sieht

Die Schönheit der Erde kann man nicht kaufen. Sie gehört dem, der sie entdeckt, der sie begreift und der es versteht, sie zu schätzen .

Henry Bordeaux

Man sagt, dass für das Aufnehmen von ausdrucksstarken Fotografien ein gewisses Talent notwendig ist. Es bedarf einer besonderen Empathie, einem Gespür für den goldrichtigen Moment und natürlich den gewissen Blick für einzigartige Motive. Christian Würzbach hat erst spät realisiert, dass er über diese außergewöhnlichen Talente verfügt. Es ist noch gar nicht so lange her, dass er seine erste Kamera geschenkt bekam. In den letzten Jahren hat er mit seinen Fotografien, die die Schönheit der Region zeigen, nicht nur eine Vielzahl Betrachter:innen glücklich gemacht, sondern ist sein Hobby auch Balsam für seine eigene Seele.

Es ist morgens halb acht, als wir auf dem Parkplatz am Oderteich zusammenkommen. Der Treffpunkt für unseren kleinen Plausch und das Treffen im Grünen stand eigentlich außer Frage. Der Oderteich ist für Christian Würzbach, den die meisten nur als „Würzi“ kennen, ein echter Kraftort, für ihn und viele andere einer der schönsten Plätze im Harz. Hier hat er über die Jahre sehr wahrscheinlich hunderte, vielleicht sogar tausende Bilder aufgenommen, die die historische Talsperre nahe Sankt Andreasberg zu allen Jahres- und auch Tageszeiten zeigen. 

Immer wieder zieht es ihn von Osterode aus hier hinauf. Bevor allerdings die „normalen“ Oderteichbesucher das beliebte Ausflugsziel erreichen, ist er längst schon wieder fort. Zu viel Rummel ist nicht mehr seins. Dazu ist er ein Frühaufsteher. „Wenn andere noch Fernsehen schauen, schlafe ich längst. Im Sommer stehe ich gern so um drei oder vier Uhr auf, schaue raus und gucke mir das Wetter an. Wenn wir einen ganz klaren Himmel haben, fahre ich nicht los. Ein Himmel ohne Wolken gibt nie ein gutes Bild.“ Würzbach schwärmt:

„Wenn du aber schon um halb Fünf in der Früh hier oben vor dem Sonnenaufgang in den Farben der blauen Stunde stehst, dann ist das das Schönste, was du erleben kannst.“, 

Und er fügt hinzu, „Nach dem Sonnenaufgang ist es mir fast schon wieder egal.“ Er grinst und das, obwohl ihm seine Gesundheit heute schon wieder gehörig Streiche spielt, er weniger gut zu Fuß ist, als er es sich wünschen würde. Seine Erkrankungen machen ihm zwar das Leben schwer, solange es nur geht, wird er sich aber ins Auto setzen und sich von seiner Intuition leiten lassen, an welchen Flecken er Magisches einfangen und der Welt zeigen kann. „Es zu schaffen sich aufzuraffen, ist das Wichtigste.“

Dass sein Lieblingsplatz, der Oderteich, auch durch Instagram & Co. einen so wahnsinnigen Hype erfahren hat, findet er nur bedingt gut. Wandern und spazieren soll natürlich allen gern möglich sein, sind die Wege und Pfade rund um den Teich ja wunderschön hergerichtet. Sorgen machen dem Naturfreund das schlechte Benehmen der Menschen und ihre Ignoranz. 

„Es ist unglaublich, was man hier manchmal erleben kann. Es werden die Wege verlassen und die Natur mit Füßen getreten, um zu fotografieren, Hunde ganz selbstverständlich ohne Leine laufen gelassen, obwohl das hier nicht gestattet ist und beim Parken, vor allem im Winter, wird es richtig abenteuerlich. Ich selbst meide die Wochenenden und bin ja ohnehin immer sehr früh dran.“ Als sollte es als schlechtes Beispiel dienen, summt es plötzlich hinter uns. Im Gehölz, nur einige Meter entfernt, verbirgt sich ein Herr, der gerade seine Drohne gestartet hat, die nun über uns fliegt. Richtig, auch das ist in Naturschutzgebieten absolut untersagt. Als wir ihn darauf hinweisen, zeigt er sich ahnungslos. Guter Versuch, aber leider Unfug, denn in der Regel lässt sich ein Pilot per App anzeigen, wo das Fliegen erlaubt und noch wichtiger, verboten ist. Christian Würzbach schüttelt ärgerlich den Kopf, legt sich ein Tuch zum Schutz vor Schmutz auf seine Lieblingsbank, auf der er gern sitzt. Von hier aus kann er auf die Granitstelen, die „Hinkelsteine“ vor der großen Ausflut schauen.

Er gießt sich genüsslich einen Becher heißen Tee ein und seine Blicke schweifen über das Wasser.

Als sich die Enten über den Teich auf den Weg zu uns machen, stellt er gleich fest, da fehlen aber heute welche. Man kennt sich eben. Was auch am aufmerksamen Hobbyfotografen nicht spurlos vorübergeht, ist die stete Veränderung der Ansichten. 

Einerseits wunderschön, aber natürlich ebenso bedrückend. Das Sterben der Fichten hat am Oderteich schon vor einigen Jahren begonnen. Längst stehen neue, wunderbar üppige Bäume rund um die Talsperre, ist die von der Natur selbst organisierte Regeneration voll im Gange. 

Christian Würzbach sieht nur Schönheit, wenn er sich umblickt. Seine Begeisterung darüber, wie sehr sich die Umgebung allein bei unserem Besuch verändert, ist grenzenlos. 

Dachten wir gerade noch, dass es heute ein eher bedeutungsloser Morgen ohne Dunst und Sonnenlicht werden würde, kriecht plötzlich der Nebel über die Baumspitzen und lässt sich auf dem Wasser nieder. Jetzt ist Würzbach in seinem Element. Seine Kommentare, während er den Auslöser drückt, verraten wie glücklich er über das wechselhafte Wetter ist. 

„Oh, ist das nicht wunderschön? Ach, traumhaft. Und jetzt schaut mal, da oben wird es hell. Gleich kommt die Sonne durch.“ 

Es war nur ein Moment, den man nicht auf die Westseite des Ufers geschaut hat und plötzlich ist alles in goldenes Licht getaucht, bricht sich eine ganz besondere Magie Bahn. Es sind wirklich nur Minuten, die eine ganz besondere Stimmung zaubern, aber Würzbach hat Recht, es wärmt das Herz nachhaltig, ist ein solches Erlebnis ein einziges Geschenk. „Hier am Teich gibt es dieses einmalige Leuchten und unglaubliche Farben. Dazu liebe ich das Totholz, die Steine, die bei niedrigem Wasser zum Vorschein kommen und die Mystik, die das alles mit sich bringt. 

Das hat was, das ist genial, einfach toll.“ Es hat sich eine große Dankbarkeit in das Gesicht von Christian Würzbach gelegt und es scheint, als wären auch die Zipperlein kurz vergessen. Es war die beste Idee, der Leidenschaft nachzugehen und, wann immer es ihm finanziell möglich war, das Foto-Equipment aufzurüsten. Tatsächlich verfügt der Fotokünstler zu Hause über keinen Computer. Er arbeitet ausschließlich mit seiner Kamera und seinem Smartphone. Auch die Bilder des Morgens werden gleich vor Ort minimal mit einer App bearbeitet und hauptsächlich auf Facebook veröffentlicht. 

Doch auch im Programm des NDR und MDR kann man seine Aufnahmen ab und zu als „Wetterbild“ bestaunen. 

Würzbach macht es unglaubliche Freude, Menschen mit seinen Bildern abzuholen und auf andere Gedanken zu bringen. Er selbst braucht allerdings keine Aufmerksamkeit, ist eher bescheiden und nicht darauf aus, nach Komplimenten zu fischen. Die muss er sich aber dennoch anhören, zum Beispiel wegen seiner unglaublichen Aufnahmen von großen und kleinen Tieren, dem Zug der Kraniche am Stausee Kelbra, der von ordentlich Gänsehaut begleitet war, den „Zuckerschock“-Baby-Schwänen auf dem Seeburger See, oder auch den putzigen Eichhörnchen in seinem Garten, die immer einen reich gedeckten Tisch vorfinden. In diesem Herbst hat er die erste Aufnahme von der Milchstraße über dem Oderteich gemacht und war berechtigt stolz. Und ja, ein Wunschmotiv hat er auch noch, „Ich hoffe immer noch sehr auf ein Foto von einem Luchs.“ Wir sind uns sicher, dass einem so geduldigen Beobachter mit dem besonderen Blick für die Schönheit der Welt dieses Geschenk auch noch über den Weg läuft. 

Plötzlich spürt man deutlich, dass wir innerhalb der Ferien hier draußen sind. „Das Frühstück ist durch, jetzt kommen alle angerückt“, schmunzelt Würzbach. Innerhalb kürzester Zeit tummeln sich allerhand Menschen am Ufer des Teiches und auf den Wegen, der Parkplatz füllt sich, Zeit das Weite zu suchen. Thermosflasche und Kamera werden verstaut, es gibt aber noch eine Idee für einen nächsten Stopp. 

Wir durften die Objekte der Begierde am nächsten Tag online sehen. Sehr knuffige Schottische Hochlandrinder, „Harzer Highlands“, die in Clausthal-Zellerfeld grasen. Ob es auch für sie auf Facebook viele Herzchen gab? Drei Mal dürfen Sie raten….

Tipp der Redaktion
Eine besondere Fotoausstellung im „Museum im Ritterhaus“
Christian Würzbach „Mystischer Harz“ 3.12.2023 bis 3.3.2024

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Über die Autorin /

Elke … freie Rednerin, Redakteurin. Hochzeitsverliebte, zuverlässige Frohnatur, die es immer nur ganz gibt.

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